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Medien / Presse

Der Friedhof der Zukunft

VON Auf den Homburger Friedhöfen schlummert Geschichte. Die soll jetzt für historisch interessierte Besucher am Untertor erfahrbar gemacht werden.
Der Technische Direktor des Friedhofs am Untertor, Marc-Andre Zahradnik, zeigt, wie die QR-Codes funktionieren.Der Technische Direktor des Friedhofs am Untertor, Marc-Andre Zahradnik, zeigt, wie die QR-Codes funktionieren.

Die Toten kommen von selbst auf den Friedhof – einerseits ja, andererseits haben Kirchengemeinden und Bestatter erkannt, dass man auch auf der letzten Ruhestätte um Imagepflege nicht herumkommt. Der Friedhof am Untertor, der zur evangelischen Erlöserkirchengemeinde gehört, tritt derzeit gewissermaßen in ein neues Zeitalter ein.

Nicht nur wurden im vorigen Jahr bereits die Wege verschönert, auf leeren Grabfeldern Gras gesät und die weiße Kapelle der Familie Trittler in eine Urnenwand verwandelt (wir berichteten). Auch die anonymen Gräber rund um den Weigand-Engel werden gut nachgefragt. Jetzt nutzt der älteste Friedhof der Stadt verstärkt die virtuelle Kraft des Internets. „Man muss sich von anderen abheben“, weiß Marc-Andre Zahradnik, Bestatter und seit 2014 Technischer Direktor des Friedhofs. Deshalb bietet man künftig zwei neue Serviceleistungen an: eine Trauerfeier-Webcam und QR-Codes auf historischen Gräbern.

Auf die Idee mit der Webcam sei er bei einem Trauergespräch gekommen, erläutert der Homburger Bestatter. Bei der Frage, wer für die Beerdigung eingeladen werden sollte, hätten die Hinterbliebenen von Angehörigen gesprochen, die im Ausland leben und der Feier deshalb nicht würden beiwohnen könnten. Dabei läuft in der Trauerhalle ohnehin eine Kamera mit, damit Zahradniks Mitarbeiter, die im Regieraum nebenan warten, im richtigen Moment hereinkommen, um den Sarg hinauszutragen.

Fortan kann Zahradnik einen Mitschnitt der Trauerfeier ins Netz stellen, sofern die Hinterbliebenen das wünschen. Die Zugangsdaten bekommen die Angehörigen und ausgewählten Bekannten dann mit der Trauerpost zugeschickt. „Dann kann nicht nur die Bekannte in Amerika, sondern auch der alte Onkel im Rind’schen Bürgerstift, der nicht mehr gut zu Fuß ist, die Feier live mitverfolgen“, freut sich Zahradnik. Zu sehen sei in dem Film dabei nur Altar und Prediger, den man auch sprechen hört, nicht aber die Trauergemeinde. Ein schnellerer Internet-Anschluss für den Friedhof ist schon bestellt.

Die zweite Neuerung kommt allen Friedhof-Besuchern zugute, die sich für die Homburger Geschichte interessieren. 5800 Gräber gibt es am Untertor – darunter 22 historische Gräber. Dort ruhen Persönlichkeiten, die historisch interessant sind. Doch wem zum Beispiel der Name Johann Friedrich Voigt nichts sagt, der kann mit dem Smartphone den QR-Code einscannen, der auf einem in die Erde gesteckten Plastikschildchen prangt. Schon sollte auf dem Bildschirm ein erklärender Text flimmern – übrigens schon jetzt. „Das Zusammentragen der Informationen war viel Arbeit“, verrät Zahradnik, der dafür auch die Hilfe von Stadthistorikerin Gerta Walsh in Anspruch genommen hat.

Die rote Kapelle

Dem Bestatter gehen die Ideen nicht aus. Nun würde er gern noch die rote Kapelle sanieren und nutzen. Sie muss komplett abgetragen werden; der Efeu hat die Steine auseinandergedrückt. Zahradnik hofft, dass sich noch die Hilfe einer Stiftung auftut. Außerdem wartet die Gemeinde immer noch auf das Plazet der Stadt zum Mauerdurchbruch hinter der Kapelle, damit es die Friedhofsbesucher nicht so weit vom Heuchelbach-Parkplatz haben.